Jetzt kontaktieren

September ist #PainAwarenessMonth!

In Deutschland leiden ca. 14 Millionen Menschen an chronischen Schmerzen. Mehr als die Hälfte davon wartet länger als 2 Jahre auf eine angemessene Therapie.

Aber was ist Schmerz eigentlich? Und wie entsteht er?

"Schmerz ist ein unangenehmes Sinnes- oder Gefühlserlebnis, das mit aktuellen oder potentiellen Gewebeschädigungen verknüpft ist oder mit Begriffen solcher Schädigungen beschrieben wird" (Definition der International Association for the Study of Pain [IASP], 1979).

Schmerz ist ein kurzes Wort für eine so vielfältige Sinneswahrnehmung. Es gibt stechenden, dumpfen, punktuellen oder großflächigen, pochenden oder brennenden Schmerz. Ein Schnitt in den Finger fühlt sich anders an als eine Muskelverspannung und wieder anders als ein Sturz aufs Knie. Diese verschiedensten Sinneswahrnehmungen zu unterscheiden ist gar nicht so leicht.

Die Reize dafür kommen aus dem ganzen Körper; Haut, Muskeln, Organe, überall im Körper verteilt sitzen freie Nervenendigungen, sog. Nozizeptoren. Sie sind die Schadensmelder des Körpers und reagieren auf Reize wie Druck, Zug, Temperatur oder Entzündung. Diese Reize gelangen über die Nerven ins Rückenmark, wo auch schon die ersten Schritte der Schmerzverarbeitung passieren; im Rückenmark werden Reflexe aktiviert, um den Schaden zu begrenzen, z.B. das Zurückziehen der Hand von der heißen Herdplatte. Das passiert bevor der Reiz das Gehirn überhaupt erreicht hat!

Dort oben wird’s dann erst so richtig kompliziert. Das eine ‚Schmerzzentrum‘ im Gehirn gibt es nämlich nicht. Es ist ein komplexes Zusammenspiel aus verschiedenen Hirnregionen, die in der Verarbeitung von Schmerz aktiv werden. Vom Rückenmark kommt der Schmerzreiz im Hirnstamm an, wo Körperreaktionen auf den Schmerzreiz ausgelöst werden, wie z.B. eine erhöhte Atem- oder Herzfrequenz. Von da aus geht der Reiz weiter zum Zwischenhirn, wo der Thalamus sitzt.

Der Thalamus ist dafür da, Reize nach Wichtigkeit zu sortieren und ‚wichtige‘ Reize an das Großhirn weiterzuleiten, wo dann erst der Schmerz in unser Bewusstsein tritt. Das war aber noch nicht alles.

Wie ein Schmerz wahrgenommen wird, hängt immer von verschiedenen Faktoren ab; selbstverständlich von Ort und Art der ‚Schadensmeldung‘, aber auch von der emotionalen Einschätzung.

Dafür verantwortlich ist das sog. Limbische System. Es setzt sich zusammen aus verschiedenen Arealen des Gehirns und ist u.a. für die Verarbeitung von Emotionen da und ist ein wichtiger Teil der Schmerzverarbeitung. Schmerz, egal ob akut oder chronisch ist also immer auch emotional.

Dazu kommen dann noch Prozesse, um Schmerzen zu dämpfen, z.B. durch das Freisetzen von Endorphinen aus der Hypophyse. Auch die Großhirnrinde selbst kann mit beeinflussen, welche Reize aus dem Thalamus an sie weitergeleitet werden oder nicht. So sind diese Systeme konstant miteinander in Verbindung gesetzt, auch wenn wir uns nur den Musikantenknochen gestoßen haben.

Trotz dieser Erkenntnisse gibt es sehr viel, was die Medizin noch nicht über Schmerzverarbeitung weiß, weshalb es immer noch viele Menschen gibt, die unter chronischem Schmerz leiden.

Und was ist bei chronischem Schmerz anders?

Ein Schmerz wird als chronisch definiert, wenn er länger als 12 Wochen anhält. Wenn so langanhaltend Schmerzreize ans Gehirn gesendet werden, kann das Gehirn auf diese Reize ‚sensibilisiert‘ werden. Das heißt, dass die Schmerzschwelle runtergesetzt ist und der Körper auch auf schwächere Reize der Nozizeptoren mit stärkerem Schmerz reagiert. Außerdem führen langanhaltende Schmerzen zu unphysiologischen Schonhaltungen und Vermeidungsverhalten, welche wiederum das Schmerzgeschehen verschlimmern können. Da der Schmerz grundsätzlich auch den Alltag einschränken und Schlafmangel verursachen kann, kann dann ein richtiger Teufelskreis entstehen, aus dem es schwer wird, wieder rauszukommen.

Da wir als Reha Zentrum eine große Rolle im Umgang mit Schmerz spielen, ist es uns wichtig, dass jede:r Patient:in sich bei uns ernst genommen und gut aufgehoben fühlt, um die bestmögliche Behandlung zu erfahren, egal ob akut oder chronisch.

Über die Autorin: Milena Prigge Physiotherapeutin in der Reha am Kaifu